Kriminalität in der Schweiz

Kriminalität und Migration in der Schweiz: Eine differenzierte Analyse eines hochsensiblen Themas

Zwischen Fakten, Wahrnehmung und politischen Forderungen: Wie stark beeinflusst Migration die Kriminalität in der Schweiz wirklich?

Das Thema Kriminalität und Migration hat in der Schweiz seit Jahren eine hohe Brisanz. Die Diskussion darüber ist oft von Emotionen, politischen Interessen und medialen Schlagzeilen geprägt. Doch wie sieht die Lage wirklich aus? Was sagen die Zahlen, Studien und Expertenmeinungen? Dieser Beitrag beleuchtet auf Basis der aktuellsten Daten des Bundesamtes für Statistik (BFS), kriminalpsychologischer Einschätzungen und politischer Analysen ein differenziertes Bild der Kriminalität unter Ausländern in der Schweiz – und wagt einen Ausblick auf die gesellschaftlichen und politischen Konsequenzen. Zugleich werden auch historische Vergleiche, internationale Perspektiven und tiefere sozialpsychologische Analysen eingeflochten.

Die Faktenlage – Was sagen die offiziellen Statistiken?

Gemäss den aktuellsten Daten des Bundesamtes für Statistik (BFS) waren 2023 insgesamt rund 39 Prozent der Beschuldigten in der polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) ausländische Staatsangehörige, obwohl ihr Anteil an der Gesamtbevölkerung nur etwa 26 Prozent beträgt. Besonders auffällig ist, dass unter den nichtständig anwesenden Ausländern (z.B. Asylsuchende, Sans-Papiers) die Kriminalitätsraten deutlich höher liegen.

Bei schweren Delikten wie Gewalt- oder Sexualdelikten ist der Ausländeranteil besonders hoch. So stellten ausländische Staatsangehörige im Jahr 2023 bei Tötungsdelikten etwa 56 Prozent der Beschuldigten. Auch bei Raub (61 Prozent) und schwerer Körperverletzung (58 Prozent) zeigt sich ein ähnliches Bild.

Zudem weist die PKS 2023 eine Steigerung von 8,4 Prozent bei Straftaten gegen Leib und Leben aus, wobei der Anstieg überproportional stark bei nichtständig anwesenden Ausländern registriert wurde.

Allerdings, wie die NZZ in ihrem Interview mit Frank Urbaniok, dem renommierten forensischen Psychiater, hervorhebt: „Migration allein ist kein kausaler Faktor für Kriminalität. Entscheidend sind die Bedingungen, unter denen Migration stattfindet.“

Eine zusätzliche Studie des Kriminologischen Instituts der Universität Lausanne (2022) kam zum Schluss, dass „sozioökonomische Desintegration“ der Hauptfaktor für Delinquenz sei – unabhängig von der Staatsangehörigkeit.

Strukturelle Erklärungsansätze

Viele Experten, darunter der Kriminologe Martin Killias, betonen, dass nicht die Herkunft per se kriminogene Wirkungen entfaltet, sondern vielmehr prekäre Lebensumstände, mangelnde Integration und soziale Perspektivlosigkeit.

Studien zeigen: Junge, männliche Migranten mit tiefem Bildungsniveau, instabilen Lebensverhältnissen und fehlender beruflicher Perspektive sind besonders kriminell gefährdet. Hierbei handelt es sich um ein international beobachtetes Phänomen.

Eine Analyse des BFS aus dem Jahr 2022 unterstreicht, dass wirtschaftlich gut integrierte Migranten kaum krimineller sind als Einheimische.

Zitat Frank Urbaniok: „Kriminalität entsteht primär durch soziale, psychologische und strukturelle Faktoren – nicht durch Nationalität.“

Interessant ist auch die Erkenntnis aus einer Metastudie der ETH Zürich (2021), dass soziale Diskriminierung die kriminelle Karriere junger Migranten signifikant begünstigt. Wer systematisch aus dem Arbeitsmarkt ausgeschlossen werde, entwickle eher deviante Verhaltensmuster.

Wahrnehmung versus Realität

Umfragen – etwa das „Sicherheitsgefühl der Bevölkerung“ (BFS 2023) – zeigen, dass viele Schweizerinnen und Schweizer die Kriminalität überschätzen und insbesondere Ausländer stärker mit Verbrechen assoziieren, als es die objektive Datenlage rechtfertigt.

So gaben 57 Prozent der Befragten an, sie fühlten sich „unsicherer“ wegen Migration, obwohl die real gemessene Kriminalitätsbelastung in den letzten zehn Jahren insgesamt zurückgegangen ist.

Mediale Berichterstattung spielt hierbei eine zentrale Rolle. Sensationsgierige Schlagzeilen über Straftaten durch Migranten verzerren das Gesamtbild erheblich. Eine Analyse von 1200 Artikeln über Kriminalität in Schweizer Medien (Universität Basel, 2022) zeigte, dass Ausländer bei Berichten über Gewaltverbrechen viermal häufiger namentlich genannt wurden als Schweizer Täter.

Prof. Killias analysiert: „Mediale Repräsentationen schaffen eine verzerrte Realität, die politische Forderungen antreibt.“

Unterschiede innerhalb der Migrantengruppen

Nicht alle Migrantengruppen sind gleich betroffen. Besonders hohe Kriminalitätsraten zeigen sich laut BFS bei Personen aus gewissen afrikanischen Staaten (z.B. Nigeria, Eritrea) sowie aus bestimmten Balkanländern (Kosovo, Albanien).

Demgegenüber weisen Migranten aus westeuropäischen Staaten (Deutschland, Frankreich, Italien) oder Ostasien (China, Japan) sogar geringere Kriminalitätsraten auf als die Schweizer Durchschnittsbevölkerung.

Zitat Frank Urbaniok: „Migration aus instabilen Regionen ohne rechtsstaatliche Strukturen bringt häufig eine problematische Sozialisierung mit sich.“

Eine weitere Studie des Nationalen Forschungsprogramms NFP 76 kommt zum Schluss: „Die Herkunftsregion beeinflusst das Kriminalitätsrisiko weniger stark als die sozialen Integrationsbedingungen im Aufnahmeland.“

Politische Konsequenzen und gesellschaftliche Debatten

Das Thema ist ein beliebter Zündstoff für politische Auseinandersetzungen. Parteien wie die SVP setzen stark auf das Thema «Ausländerkriminalität», fordern schärfere Ausschaffungsregeln und restriktivere Asylgesetze.

Andere Parteien und zivilgesellschaftliche Akteure warnen jedoch vor einer Überstigmatisierung von Migranten und einer Erosion der rechtsstaatlichen Prinzipien.

Ein Beispiel ist die Diskussion um die sogenannte «Durchsetzungsinitiative» (2016), bei der die automatische Ausschaffung krimineller Ausländer gefordert wurde – ein Vorhaben, das breite Proteste auslöste und nur knapp scheiterte.

Zitat SP-Nationalrätin Mattea Meyer: „Kriminalpolitik darf nicht zur Instrumentalisierung von Angst werden.“

Interessanterweise zeigten die kantonalen Statistiken 2023, dass Kantone mit hoher Integrationsleistung (z.B. Basel-Stadt, Waadt) tiefere Raten an Ausländerkriminalität aufwiesen als restriktiver auftretende Regionen.

Integrationspolitik als Prävention

Erfolgreiche Integration wird von vielen Fachleuten als der entscheidende Faktor zur Reduktion migrationsbedingter Kriminalität angesehen.

Programme wie gezielte Sprachförderung, berufliche Qualifizierung und soziale Begleitung zeigen gemäss Evaluationsstudien signifikante Erfolge. Ein Beispiel ist das Projekt «Startklar» in Zürich, das 2022 eine Rückgang der Jugendkriminalität unter Migrantenkindern um 30 Prozent binnen drei Jahren verzeichnen konnte.

Zitat Urban Angst, Leiter der Fachstelle für Integrationsfragen im Kanton Zürich: „Wer Teil einer Gesellschaft wird, wird diese nicht zerstören wollen.“

Eine umfassende Studie der OECD (2021) bezifferte den Return on Investment in Integrationsprogramme auf durchschnittlich das 2,5-fache der eingesetzten Mittel innert zehn Jahren.

Internationale Vergleiche

Ein Blick nach Deutschland, Österreich oder Schweden zeigt ähnliche Muster. Auch dort sind bestimmte Migrantengruppen überproportional an schweren Straftaten beteiligt, während andere Gruppen wenig auffällig sind.

Schweden erlebt beispielsweise seit Jahren eine Zunahme von Bandenkriminalität in migrantisch geprägten Vierteln, was zu einer intensiven gesellschaftlichen Debatte über Einwanderungspolitik geführt hat.

Deutschland verzeichnete 2022 gemäss BKA-Bericht, dass 41 Prozent aller Tatverdächtigen bei Gewaltverbrechen eine nichtdeutsche Staatsbürgerschaft hatten.

Die Schweiz steht hier bislang deutlich besser da – nicht zuletzt dank eines strikteren Aufenthaltsregimes und differenzierteren Integrationsstrategien.

Prognosen und Zukunftsszenarien

Experten wie Frank Urbaniok warnen davor, die Augen vor realen Problemen zu verschliessen, mahnen aber gleichzeitig zu Differenzierung und Sachlichkeit.

Ein realistisches Szenario für die Schweiz umfasst eine verstärkte Frühintervention, eine striktere Kontrolle irregulärer Migration sowie eine massive Investition in Integrationsprojekte.

Langfristig könnte die Schweiz, wenn sie die Balance zwischen Humanität und Rechtsstaat wahrt, ein Modellstaat für integrationsfreundliche und zugleich sicherheitsbewusste Migrationspolitik werden.

Zitat Urbaniok: „Die Schweiz hat alle Voraussetzungen, diese Herausforderung besser zu meistern als viele andere Länder. Doch sie muss mutig, ehrlich und pragmatisch handeln.“

Neue Ansätze wie „Community Policing“, also die aktive Einbindung von Migranten in lokale Sicherheitsstrukturen, könnten künftig eine zentrale Rolle spielen.

Fazit: Differenzierung statt Populismus

Kriminalität unter Migranten existiert – aber sie ist vielschichtig und differenziert zu betrachten. Pauschalurteile sind ebenso fehl am Platz wie Verharmlosungen.

Eine Kombination aus konsequenter Rechtsdurchsetzung, intelligenter Integrationspolitik und einer verantwortungsvollen medialen Darstellung scheint der einzige gangbare Weg zu sein, um die gesellschaftlichen Herausforderungen zu meistern, ohne dabei fundamentale rechtsstaatliche Prinzipien zu opfern.

Wie Frank Urbaniok es treffend formuliert: „Eine Gesellschaft, die Komplexität anerkennt und sich nicht von Angst oder Ideologie treiben lässt, bleibt frei und sicher.“

Wichtige Studien und Quellen

  • Bundesamt für Statistik PKS 2023
  • Kriminologisches Institut Lausanne, Bericht 2022
  • ETH Zürich, Diskriminierungsstudie 2021
  • Universität Basel, Medienanalyse 2022
  • OECD Integrationsstudie 2021
  • BKA-Bericht Deutschland 2022
  • Nationales Forschungsprogramm NFP 76
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