Pelz – Das haarige Comeback des Jahres

Pelz tragen ist wieder schwer in Mode. Die Schweizer Pelzindustrie feiert ihr bestes Jahr seit 1992. Total wurden 2016 über 440 Tonnen an Pelzen importieren. Pelzige Kapuzenumrandungen an modischen Parkas und flauschige Bommel an Wintermützen sind der letzte Schrei.

Thomas Aus der Au, Vizepräsident des Branchenverbands Swissfur kann seine Freude nicht verbergen: «Vor allem junge Kunden entdecken Pelze neu.» Sie würden für Kapuzenfelle bei ihm im Geschäft bis zu 400 Franken ausgeben. Unter-30-Jährige hätten oft Bilder von Berühmtheiten in Modemagazinen als Beispiele dabei. Celebrities wie Kim Kardashian, Kanye West oder Beyoncé posieren auf sozialen Medien gerne mit pompöser Pelzmode.

Bis vor Kurzem war Pelz in der Schweiz eher verpönt, galt als dekadent. Tierschützer schienen den Ruf ein für alle Mal ruiniert zu haben. Pelztragende Stars wurden mit Farbe übergossen. Videos von lebend gehäuteten Marderhunden machten die Runde. Bis 2007 importierte die Schweiz weniger als die Hälfte der heutigen Pelzmenge.

 

Ein Blick über den Rhein (Die Wahrheit über Pelz, Dokumentation) / ***Achtung: Explizites Videomaterial***

 

Doch wer wies den Weg aus der Ächtung? «Die Modeschöpfer beharrten darauf, Pelz verarbeiten zu dürfen. Weil es elegant und natürlich sei und sich von normalen Stoffen abhebe», sagt Edmund Haferbeck von der Tierschutzorganisation Peta. So fand der Pelz eine neue Bestimmung als Verzierung von Mänteln, Jacken oder Kappen. «Das rettete die Pelzbranche.»

Zusätzlicher Druck kam aus China. Der Einstieg der aufstrebenden Wirtschaftsmacht in die Fellproduktion liess die Preise kollabieren, Pelz war plötzlich für jedermann erschwinglich. Die letzten Hemmungen nahm der Kunstpelz. «Echter und falscher Pelz lassen sich nicht mehr mit blossem Auge unterscheiden. Da schämt sich niemand mehr für Pelz», sagt Haferbeck.

Mit Eisenstangen erschlagen
Ein Grossteil der globalen Fellproduktion kommt heute aus China. Marderhunde, Nerze oder Füchse werden dort oft auf riesigen Pelzfarmen in engen Käfigen gehalten, wie ein Dokumentarfilm des Norddeutschen Rundfunks zeigte. Zur «Erntezeit» werden sie mit Eisenstangen brutal erschlagen. Es muss schnell gehen – die Arbeiter werden pro Tötung bezahlt. Darum sind viele Tiere noch leben, wenn ihnen die Haut abgezogen wird.

Pelz – Made in China (Peta, Dokumentation) / ***Achtung: Explizites Videomaterial***

Die Gerbung geschieht ebenso in China, wobei die Chemikalien meist fahrlässige eingesetzt werden. Die Felle landen danach auf Pelzmessen in Kopenhagen, Helsinki oder Moskau, wo sich wiederum die globalen Modeketten eindecken.

Mäntel mit Echtpelz sind gemäss Peta von Marken wie  Bogner (DE) oder Burberry (UK). In der Schweiz stehen Modehändler wie Bongenie-Grieder zu seinem pelzigen Sortiment: «Möchten unsere Kunden Pelz, sollen sie ihn bei uns auch finden», verkündete eine Sprecherin.

Die Gegenbewegung
Als erstes Land hat sich die Schweiz eine Deklarationspflicht für echte Pelzprodukte (bezüglich Tierart, Herkunft und Gewinnungsart) auferlegt. Im Parlament sind auch Vorstösse hängig, die Importe aus tierquälerischer Produktion verbieten wollen.

Das Modehaus PKZ hat sich entschlossen, für die Winterkollektion keinen Pelz mehr aus China oder Russland einzukaufen. Der Chef des Migros-Warenhauses Globus, Thomas Herbert, verkündete, man werde Pelze aus dem Sortiment nehmen. «Pelztiere aus einer Zucht leben nie auch nur annähernd artgerecht», sagte Herbert in der «Berner Zeitung». Kunstpelz fühle sich fast gleich an wie echter, nur müsse man dabei kein schlechtes Gewissen haben.

Thomas Aus der Au vom Branchenverband Swissfur hält dagegen: Natürlicher Pelz sei sinnvoller als synthetischer, der mithilfe von Erdöl produziert werde. «Pelz ist ein Naturprodukt und stammt oft aus der Jagd zur Bestandsregulierung wie im Fall der Rotfüchse. Ansonsten würden diese Naturprodukte verbrannt.» Der Pelz sei zeitweise zu Unrecht in Ungnade geraten aufgrund einzelner Beispiele, bei denen die Tierhaltung nicht gerecht sei.

Kunstpelze, Pelze von Füchsen, die ohnehin getötet würden: In den Augen von Tierschützern wird damit bloss das Pelztragen beworben. «Der Käufer gibt damit ein Signal: Pelztragen ist okay», sagt Helen Sandmeier vom Schweizer Tierschutz. «Dadurch wird es auch leichter, wieder echten Pelz zu verkaufen, egal wie das Tier gelitten hat.» Oftmals geschehe dies betrügerisch, wenn echter Pelz als falscher ausgegeben werde. «Echtpelz ist heute dermassen billig, dass sich dies lohnt.»

Pelz-Verbot im Hiltl Club
Einen Pelzmantel würden sie niemals tragen, gegen eine flauschigen Pelz-Umrandung oder einen kleinen Bommel hätten sie aber nichts. So argumentieren viele Pelzträger. «Die Konsumenten übersehen die schiere Masse an solchen pelzigen Verzierungen», sagt Sandmeier. Es würden heute mindestens genauso viele Tiere für ihren Pelz sterben wie vor fünf oder zehn Jahren.

Dem Pelz-Boom steht der Vegi-Trend gegenüber, wie ihn die Zürcher Restaurant-Kette Hiltl zelebriert. Bereits vor zwei Jahren entschied Geschäftsführer Rolf Hiltl: Echter Pelz darf nicht in den Hiltl- Club rein, nicht mal ein pelziger Bommel.

Das Personal wurde vom Tierschutz geschult, um echten Pelz zu erkennen. Es wird hart durchgegriffen: «An kalten Samstagen, wenn Mantel getragen wird, weisen wir durchschnittlich 80 Gäste ab.»

Fast die Hälfte davon wolle diskutieren, werde wütend oder frech. Das sei früher anders gewesen. Dennoch zeigten viele Gäste Verständnis: «Sie gratulieren uns, dass wir ein Zeichen setzen.»

 

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Gilbert Fisch
19. Dezember 2016 17:41

Das Hiltl-Pelzverbot zeigt, dass die grosse Mehrheit dort essen geht, weil es einfach gut schmeckt. Ab- und An-Vegetarier. Immer noch besser, als die Grill-Knavaren, die tonnenweise Billigfleisch aus tierverachtender Produktion verzehren. Hauptsache zsch-zsch. Aber ein Pelzverbot im Hiltl-Club macht ja auch Sinn. Leider ist im Pelzgeschäft so viel Geld zu verdienen, dass sich ohne Verbote nie etwas ändern wird.

Bambi
Bambi
19. Dezember 2016 18:58

Was ist wenn ich Lederstiefel / Gürtel / Tasche etc. trage? Muss ich dann auch draussen bleiben? Ich finde es immer wieder gut, wenn man sich hinterfragt woher die Sachen stammen, aber schlussendlich muss jeder für sich selber das mit seinem Gewissen vereinbaren können. Ich bin der Meinung, dass wenn man ein Pelzverbot verhängt auch auf alle anderen tierischen Produkte verzichten sollte… Also wenn kein Pelz, dann auch keine Lederschuhe, Ledergürtel etc.. Und ja, ich trage Pelz, keine Mäntel aber Verzierungen…

Patty
Patty
21. Dezember 2016 13:11

Hi, also ich denke es ist wichtig immer wieder ein Zeichen zu setzen, so dass dieses Thema nicht in Vergessenheit geratet. Wenn man zu radikal wird und gleich auch Leder verbietet, vergrault man es sich gleich mit der Mehrheit. Denn viele können sich dann nicht mit dem Statement identifizieren, sondern sie gehören gleich zu den Übeltätern. Ich selber trage keinen Pelz, trage aber Leder. Meiner Meinung nach sollte möglichst viel von einem Tier verwertet werden wenn man es tötet. Bei Pelz werden oft ganz kleine oder seltene Tiere getötet, dessen Fleisch keiner isst. Das finde ich unterste Schublade, denn wir… Weiterlesen »