Räuber und Poli in Spiez

Ein Video eines Polizeieinsatzes in Spiez sorgt zur Zeit für viel Wirbel im Web. Darin zu sehen ist, wie ein einzelner Polizist einen jungen Mann gewaltsam zu Boden zu drücken versucht und minutenlang mit ihm ringt.

Der junge Mann wehrt sich heftig und deckt den Polizisten dabei ununterbrochen und lautstark mit Beleidigungen ein. Der verhaftete Mann wollte sich einer Personenkontrolle entziehen. Auf dem Video ist auch zu sehen, dass der junge Mann ein Messer bei sich trug. Er muss sich nun wegen Behinderung einer Amtshandlung verantworten.

Die Empörung ist wie gewohnt gross. Viele stufen das Verhalten des Beamten als unverhältnismässig ein, wie den Kommentaren zum Video zu entnehmen ist.

Max Hofmann ist Generalsekretär des Verbands Schweizerischer Polizei-Beamter warnt vor voreiligen Urteilen: «Man hätte vor Ort sein müssen, um die ganze Geschichte zu kennen.»

 

Das Video:

 

Das Prinzip der Verhältnismässigkeit

Auf dem Video nicht zu sehen ist, dass dem Gerangel laut der Kantonspolizei Beleidigungen voraus gingen. Der Filmer und sein Freund waren mit einer zur Fahndung ausgeschriebenen Person unterwegs. Beim Eintreffen der Polizei ergriff diese die Flucht.

Der verhaftete Mann wollte sich der Personenkontrolle entziehen. Auf dem Video ist auch zu sehen, dass der junge Mann ein Messer bei sich trug. Er muss sich nun wegen Behinderung einer Amtshandlung verantworten.

Grundsätzlich gilt, dass ein Beamter genügend Gewalt einsetzen darf, damit er seine Arbeit erledigen kann, sagt Max Hofmann. Die Verhältnismässigkeit sei ein wichtiges Prinzip: «Einen Ladendieb etwa darf man nicht einfach anschiessen, das ist ja selbstverständlich. Kommt er aber mit einer Waffe auf einen zu, kann der Schusswaffen-Einsatz gerechtfertigt sein.»

 

«Einsatz wirkt unprofessionell»

Alexandra Karle, Leiterin Kommunikation bei Amnesty International Schweiz, kritisiert das Vorgehen des Polizisten jedoch: «Es geht nicht, dass eine Person von einem einzelnen Polizisten zu Boden gebracht wird und es zu einem minutenlangen Gerangel kommt. Auf dem Videoausschnitt wirkt der Einsatz deshalb unprofessionell.»

In seiner Gesamtheit sei der Einsatz anhand des Videos allerdings schwierig einzuschätzen.

Max Hofmann kontert: «Wären es zwei Polizisten gewesen, hätte man dies auch noch kritisiert.» Ein Urteil zu fällen, ohne die Polizeiarbeit zu kennen, davon rät Hofmann deshalb strikt ab.

Auch Markus Mohler, Experte für Polizeirecht, findet klare Worte: «Hier hatte die Polizei ja nicht nur das Recht, sondern auch die Pflicht, einzugreifen: die Festnahme des Ausgeschriebenen.»

Da sie anfangs zu Dritt unterwegs waren, könne auch der Verdacht auf «Begünstigung oder Teilnahme an deliktischen Handlungen des Ausgeschriebenen» aufkommen, der eine vorläufige Festnahme für weitere Abklärungen gebiete, «wenn nötig mit Zwang. Das ist rechtmässig.»

 

«Es geht nicht um den Einzelnen»

Doch auch für den Filmer könnte dieser Fall Konsequenzen haben. Denn auch bei der Polizei greift das Datenschutzgesetz. In einem Merkblatt des Verbands ist festgehalten, dass Polizisten, die bei der Arbeit gefilmt oder fotografiert werden, dies grundsätzlich dulden müssen.

Aufnahmen in der Öffentlichkeit sind nicht verboten. Allerdings darf das Video nicht ohne Einwilligung des Gefilmten publiziert werden, wenn kein überwiegendes öffentliches Interesse besteht.

Ab wann dieses besteht, ist schwer zu definieren. Max Hofmann: «Wir sind der Meinung, dass Polizisten immer verpixelt sein sollten. Es geht ja nicht um den einzelnen Menschen, sondern die Polizei als ganze Einheit.»

 

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